Ich hatte es. Ein Burnout. Darüber sprechen, vor allem öffentlich konnte ich nicht. Lange habe ich nur in meinem aller engsten Umfeld darüber gesprochen. Und öffentlich darüber sprechen, das hätte mich beschämt. Es gehört leider immer noch zu einem Tabu, dies obwohl neueste Studien zeigen, dass in der Schweiz hunderttausende Burnout gefährdet sind und unter massiver stressbedingter Erschöpfung leiden.
In der Zeit, in der es mir immer schlechter ging, habe ich auf meinem Blog zum Teil umschrieben, dass es mir nicht gut ging. Ich musste mich auch richtiggehend zwingen überhaupt immer mal wieder zu schreiben rsp. das kleine Glück selbst intensiv aufspüren. Es war schlicht abhanden gekommen. Und ich war so sehr damit beschäftigt zuerst zu funktionieren, zu kämpfen, durchzuhalten, dass ich alle Energie dafür gebraucht habe und nicht noch Nerven und Zeit hatte, über die schönen kleinen Glücksmomente zu schreiben, die doch sonst meinen Alltag so farbig und zauberhaft machen. Meine Gedanken habe ich in dieser Zeit subtil in Worte gefasst.
Hier könnt ihr die Blogtexte nachlesen:
Zuzugeben, dass man ein Burnout hat oder hatte, gibt einem einen Stempel. Man wird abgestempelt, stigmatisiert. Schubladisiert. Man wird beurteilt oder verurteilt. Über Burnouts zu sprechen ist immer noch Tabu, auch wenn an Burnouts und Erschöpfungsdepressionen so viele erkranken. Es ist eben nicht gleich.
Wenn man sich den Arm bricht, kriegt man einen Gips. Wenn die Seele krank wird, sieht man kein sichtbares Zeichen. Und es steht einem ja auch nicht auf die Stirn geschrieben. Es ist wie bei trauernden Menschen, am Anfang kümmert man sich fürsorglich um sie, versucht sie aus der Trauer zu holen, sie abzulenken, ihnen schöne Momente zu bereiten. Aber irgendwann denkt man sich, dass es doch langsam besser werden sollte und diese Trauerphase doch langsam vorbei. Man beginnt sich weniger zu kümmern, meldet sich weniger. Aber die trauernde Person trauert im Stillen weiter und immer weniger Menschen merken es.
Etwa so könnte man das mit dem Burnout sehen. Am Anfang, also vor dem effektiven Zusammenbruch geben einem alle Tipps und Ratschläge. Mach doch das oder versuch dieses. Irgendwann nerven sie sich vielleicht, weil man nur noch das eine Thema hat und dann noch keine Einsicht. Bis zu dem Punkt, an welchem man zusammenbricht und nichts mehr geht. Dann folgt für die Burnout-Betroffene Person aber erst die schwere Phase, während für das Umfeld alles vorher schon so anstrengend war, wird’s jetzt noch anstrengender. Ein Teufelskreis. Bei dem das Umfeld durchaus abhängen kann.
Ich hatte solche Angst vor dem Moment, wenn „Er“ mir wieder sagt, wie sein Bauchgefühl ist.
Ich hatte zuerst die Phase kämpfen und funktionieren. Ich habe mir tausend Dinge eingeredet. Es schön geredet, dabei hätte ich zu diesem Zeitpunkt bereits die Reissleine ziehen sollen. Aber ich habs nicht gesehen. Es war so anstrengend. Für mich und alle um mich rum. Ich hab ohne Pause im Roten gedreht. Bis zu dem Sonntag, an dem ich zusammengebrochen bin und nur noch geweint hab. Ich hatte solche Angst vor dem Montag. Dann wenn «Er» wieder da ist, dann wenn ich wieder mit ihm im 1:1 sitzen muss und mit ihm über solchen Non-Sense sprechen. Ich hatte solche Angst vor dem Moment, wenn «Er» mir sagt, wie sein Bauchgefühl ist. Die Angst war so gross, dass ich eine Panikattacke bekam. Und statt am anderen Morgen zur Arbeit bin ich zum Arzt. Luft und Erlösung. Einfach einen Moment Pause.
Ich wurde von meiner Ärztin und meiner Psychologin – ja ich habe mir zum Glück schon vorher Hilfe geholt – super betreut. Bis es dann wieder aufwärts ging, dauerte es aber eine ganze Weile. Dinge, die ich routinemässig täglich oder wöchentlich machte, wie Auto fahren oder einkaufen, waren plötzlich unüberwindbare Herausforderungen. Ich hatte selbst davor Angst. Und morgens musste ich mich zwingen aus dem Bett zu kommen. Und dann spazieren zu gehen. Es war eine riesige Anstrengung. Ein regelrechter Kampf, denn mein Körper konnte nicht mehr. Das Einzige, was mir gut tat, waren meine Süsse und mein Schatz. Sie waren meine Zuflucht und mein Auffangnetz.
Der Weg zurück
Es ist nun schon länger her. Mir geht es heute gut. Und ich konnte viele Antennen schärfen, die mir als Frühwarnsystem helfen, damit ich mich nicht überanstrenge und überfordere. Es hat sich auch nach dem Tiefpunkt und dem beständigen an mir arbeiten, schnell eine Verbesserung ergeben und ich war bald wieder auf meinem gewohnt normalen Level. Allerdings wurde mir mit der Zeit auch klar, dass ich mit dieser Person nie mehr zusammenarbeiten will oder kann. «Er» ist so toxisch, das tut keinem Menschen gut. Und wegen so einem nochmals krank werden, wollte ich nicht.
Burnout – wie es entsteht und körpereigene Warnzeichen
Burnout entsteht durch Stress oder Dauerstress. Das Risiko für ein Burnout steigt, wenn eine Person über längere Zeit überlastet ist. Das heisst, wenn sie nicht genug Ressourcen hat, um den Stress zu kompensieren und sich zu erholen, kommt sie aus dem Gleichgewicht.
Ein Burnout hat dann in der Regel drei Komponenten:
1 Emotionale Erschöpfung: Das ist das Gefühl überbeansprucht, ausgelaugt zu sein, keine Energie mehr zu haben und sich nach der Arbeit nicht mehr erholen zu können.
2 Verminderte Leistungsfähigkeit: Menschen, die an einem Burnout leiden, können sich häufig nicht mehr konzentrieren, sind fahrig, machen Fehler.
3 Innere Abgrenzung: Die Betroffenen distanzieren sich von der Arbeit und den Arbeitskolleginnen und -kollegen, sind nicht mehr voll dabei und wirken abgestumpft. Ein Schutzmechanismus, der einsetzt, um mit der Überlastung fertig zu werden.
Anzeichen für ein Burnout beginnen schon früh, lange bevor es zum kompletten Zusammenbruch führt. Ich war zum Beispiel sehr feinfühlig und brauchte viel Zeit für mich. Die täglichen Spaziergänge haben mir zum Beispiel geholfen. Auch war ich überhaupt nicht mehr konzentriert und Aufnahme fähig, hab ständig kreisende Gedanken gehabt. Es viel mir schwer, meine sozialen Kontakte zu pflegen und ich war am liebsten zu Hause mit meiner Familie.
Häufige Symptome können sein:
- Wir werden öfter krank, weil das Immunsystem geschwächt ist.
- Wir haben Schlafstörungen, weil unsere Gedanken kreisen und wir nicht mehr abschalten können.
- Wir werden vergesslich, weil wir völlig überfordert sind.
- Wir essen und trinken weniger, weil wir mit den Gedanken völlig wo anders sind.
- Unser Stoffwechsel verlangsamt sich, weil er ja alle zur Verfügung stehenden Nährstoffe für den Krisenmodus braucht.
- Wir können auch Symptome wie Herzrasen entwickeln, weil der Körper Alarm schlägt.
Wenn wir all diese Warnsignale ignorieren, schützt uns unser Körper mit dem Notfall-Programm und wir brechen komplett zusammen und unsere Psyche macht nicht mehr mit. Wir weinen viel oder sind wie taub, entwickeln Panikattacken, unsere Gedanken hören nicht mehr auf zu kreisen, wir sind überschätzen uns und werden risikobereiter, launisch und schnell reizbar. Bis zum Zusammenbruch, wo dann gar nichts mehr geht.
Lasst uns darüber sprechen und dein Tabu brechen
Um das Tabu zu durchbrechen, ist es nicht nur wichtig, dass wir Betroffenen darüber sprechen lernen, sondern dass auch Arbeitgeber sich ein Bewusstsein verschaffen und nicht nur Präventionsmassnahmen entwickeln, sondern Burnout-Erkrankte nicht einfach entlassen, sondern sie innerhalb des Unternehmens wieder integrieren. Oder dies zumindest versuchen.
Bei mir war es natürlich so, dass man sich, ab dem erst möglichen Zeitpunkt von mir trennte. Dies ohne jemals mit mir gesprochen zu haben, ohne selber zu reflektieren oder Lehren daraus zu ziehen. Verantwortung gleich Null! Weder von der Unternehmung noch von meinem Chef.