Diskriminierung als Schwangere – auch ich habs erlebt

Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder beruflich benachteiligt, ja diskriminiert werden, dieses Thema ist nicht neu – es ist immer latent da – wurde aber gerade in diesen Tagen wieder gross von einer Schweizer Tageszeitung aufgerollt. Die Wirtschaft und Politik in der Schweiz tut sich nach wie vor schwer mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gut ausgebildete Frauen bleiben zu Hause, weil es entweder keine Teilzeitjobs gibt und eine Weiterbeschäftigung am bestehenden Arbeitsplatz nicht möglich ist oder der minimale Lohn die ganzen Fremdbetreuungskosten auffrisst und dies in Zeiten vom vielbeschworenen Fachkräftemangel. Wir können es uns anscheinend leisten, gut ausgebildete Mütter besser hinter dem Herd als an einem Teilzeitarbeitsplatz zu integrieren. Dies obwohl es den Staat viel Geld kostet für die Ausbildung dieser qualifizierten Frauen und dies obwohl die Mütter gerne in einem Teilzeitpensum arbeiten würden.

100% weiterarbeiten – oder gar nicht

Auch ich konnte meine Stelle nicht behalten nach der Geburt meiner Tochter – das heisst, ich hätte sie behalten können, wenn ich 100 Prozent weitergearbeitet hätte. Ich hab, als ich mitgeteilt hab, dass ich schwanger bin, gleich signalisiert, dass ich 60 Prozent weiterarbeiten möchte. Anstatt mit mir darüber zu sprechen, habe ich Wochen später – oder 5 Monate vor dem errechneten Geburtstermin die Stellenausschreibung für meine Stelle gesehen – unbefristet, 100%. Ich musste also noch 5 Monate weiterarbeiten und dies war recht unmotivierend. Solche Entscheide, Teilzeitarbeit sei nicht möglich, man müsse immer zu 100% verfügbar und erreichbar sein – ist selbst im PR-Umfeld heute nicht mehr üblich.

Ich hab brav bis 2 Tage vor der Niederkunft gearbeitet. Sauber meine Projekte abgeschlossen und übergeben. Mein Nachfolger hatte keine Ahnung und ich musste sogar mal noch während des Mutterschutzes eine Einführung machen. Er hat nicht mal ein Jahr dort gearbeitet…

Teilzeitstellen gibt’s kaum

Ich bin ein Jahr zu Hause geblieben, hab mich um meine Kleine gekümmert und mich irgendwann zu bewerben begonnen. Teilzeitstellen im Markt ausgeschrieben – gibt’s nicht oder kaum. Sie sind so heiss begehrt, dass man sich die Chancen, die Stelle zu erhalten, auch gleich ausrechnen kann. Ich hatte Glück und habe eine Teilzeitstelle im politischen Umfeld gefunden. Ich konnte Beruf und Familie für eine Weile perfekt vereinen. Ich hab mit so einer Leidenschaft und Freude gearbeitet, das ging weit über das nötige hinaus. Doch ich hab es geliebt.

Die Arbeitgeber sehen immer nur mögliche Probleme – ach Frauen mit kleinen Kindern fehlen oft am Arbeitsplatz, haben immer ein krankes Kind zu Hause oder sind selber oft krank. Das ist viel zu kompliziert. Damit verkennen die Arbeitgeber aber, dass genau diese Mütter dankbar sind für die Teilzeitanstellung und eben über das Nötige hinaus einen grossen Einsatz leisten. Sie kommen, arbeiten effizient und sauber und haben keine Zeit zu vertrödeln. Mamis, die Teilzeit arbeiten dürfen, sind dankbar, loyal und bleiben dem Unternehmen oft länger erhalten.

Unternehmen können profitieren

Wenn der Arbeitgeberverband nun sagt, sie seien für teilzeitarbeitende Mütter, dann mag das die Verbandsgesinnung sein, die Unternehmen handhaben dies leider noch ziemlich rückständig. Wenn dann auch noch Frauen ohne Kinder Frauen mit Kindern diskriminieren und nicht einstellen, dann ist das ein ziemlich grosses Armutszeugnis. Neue Arbeitszeitmodelle, Homeoffice, Teilzeitarbeit oder Arbeiten 4.0 – all dies bleibt Wunschdenken, wenn nicht die Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und von den gut ausgebildeten Müttern profitieren anstatt sie zu diskriminieren.

Susan Diethelm

Susan Diethelm

„Mon petit bonheur“ – mein kleines Glück entdecke ich jeden Tag. Es sind die feinen, stillen, unerwarteten Dinge, die diese Gefühl hervorrufen. Kommt mit auf Entdeckungsreise.